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BLOSS DAS GESICHT VERLIEREN

Zirkus

Comics Zeichnen ist eine einsame Beschäftigung. Und das ist auch gut so. Würde man es nämlich in einem großen Gemeinschaftsbüro tun, wäre die Klapse wohl die nächste Station. Wir Zeichner sind nämlich ziemliche Spinner, denn was wir ab und an in unseren Ateliers veranstalten, ist ziemlich debil. Wir machen uns zum Affen, und zwar immer dann, wenn wir Gesichter zeichnen. Wir halten uns dabei nämlich den Spiegel vor. Nicht, weil wir besonders selbstkritisch sind oder etwa eitel, nein, wir tun das, weil wir auch nur Menschen sind und gerne mal abzeichnen – vom wirklichen Leben.

Mir ist schon häufig aufgefallen, dass gerade junge Illustratoren der Meinung sind, man müsse alles aus dem Kopf zeichnen können. Das ist völliger Mumpitz, denn das kann kein Mensch. Ein flüchtiger Blick über die Schulter alter Meister genügt schon, um zu erkennen, dass sämtliche Rembrandts, Picassos und Da Vincis ständig nach Modellen gezeichnet haben. Für ein gutes Bild ist jedes (Hilfs)Mittel recht, außer man zeichnet ein Bild von jemand anderem ab, klar.

Ich verwende für meine Bilder immer öfter Modelle, sei es für Kulissen, Requisiten oder Menschen (aktuell beim neuen Titelbild für die Anna Fink, wo mir netterweise ein Mädchen aus der Nachbarschaft vor einem Schreibtisch Modell gestanden hat). Das Ganze wird dann zwar ein wenig aufwändiger, aber man kann dafür viel mehr auf Komposition und Aussage des Bildes eingehen. Die besondere Herausforderung dabei besteht dann auch, nicht einfach zu kopieren, sondern die Vorlage als das zu verwenden, was sie ist: eine Vorlage. All zu genaue Umsetzungen wirken nämlich immer sehr starr und verkrampft, sie haben kein eigenes Innenleben.

Natürlich hat man nicht immer jemand Fremdes zur Hand, dann muss man eben auf sich selber zurück greifen. Dann kommt der oben erwähnte Affe ins Spiel. Man muss die Eitelkeit über Bord werfen und Mut zur Dämlichkeit beweisen, wie man unten sieht. Aber das macht viel Spaß und ich bin froh, bin ich kein Musiker. Diese ständigen pseudointellektuell-ernsten Gesichter auf den CD-Hüllen finde ich persönlich ja immer höchst anstrengend.

Also, veranstaltet einen größeren Zirkus um eure Arbeit und macht euch mehr zum Affen. Es sieht euch ja niemand.

Mut-zur-Haesslichkeit-2


  1. Mortua/ Patti 12:41 am 20.Mai 2010

    Ich bin jetzt natürlich nur Amateur, aber ohne Vorlagen krieg ich kaum etwas zu meiner Zufriedenheit hin. Das alle Großen ‚abzeichnen‘ beruhigt mich da doch schon ein wenig.
    Holst du dir auch aus der Realität die unterschiedlichen Gesichtstypen oder denkst du dir die dann doch komplett aus und übernimmst quasi nur die Gesichtszüge?
    Ich finde den Fotostream übrigens witzig und eine gute Idee.


  2. Boris 12:41 am 25.Mai 2010

    Also, Beobachtung ist enorm wichtig. Es gibt zwar immer wiederkehrende Typen, aber die Individuen finden sich immer wieder. Bei mir ist es eine Mischung. Manchmal suche ich einfach nach einer originellen Kopfform (vor Allem im Funny-Stil), und bei realistischen Figuren denke ich gerne mal an Schauspieler. Aber wie bei so vielen Dingen, gehe ich auch hier ganz nach meinem Gefühl.

    Viele liebe Grüße

    Boris


  3. beni 12:41 am 30.Mai 2010

    wunderbar, boris.
    sind das aufnahmen, die während des spielens mit den jungs entstanden sind? 😉

    ich schaffs übrigens auch nicht nach erlangen. aber in zwei jahren dann – dann nehme ich mir zeit. vielleicht klappt’s ja dann zusammen.

    und vielleicht schaffen wirs im sommer, uns zu sehen, dann habe ich ein paar tage frei. bis dahin ist nicht mehr lange und noch einiges zu tun.

    liebe grüsse

    beni


  4. Boris 12:41 am 31.Mai 2010

    Das hier ist kein Spiel, das ist trockener Ernst! 🙂 Nein, die Jungs waren nicht anwesend, bei denen sind meine Gesichter noch dämlicher ;-).

    Das mit Erlangen machen wir ja in zwei Jahren ganz groß, nicht wahr ;-). Und die Sommerferien sind eigentlich ideal für die Planung.

    Viele liebe Grüße

    Boris


  5. Gallion 12:41 am 3.Juni 2010

    Ja, zum Affen machen ist schon eine feine Sache! Besonders für meine Nachbarn die einen guten Blick zu mir ins Büro haben. Und gerade bei Mimik kann man da ja Stunden vor dem Spiegel verbringen.

    Was Erlangen angeht braucht ihr euch keinen Gedanken zu machen! Ich trinke eure Bierchen einfach mit. 😉

    LG

    Sascha


  6. Boris 12:41 am 3.Juni 2010

    Ja gut, du kannst dich ja damit trösten: den Nachbarn fällt ja nie etwas auf, selbst bei Schüssen, Schreien und Gestank in der Wohnung darunter ;-). So gesehen kannst du seelenruhig weiter das Gesicht verlieren.

    Und wir beide machen dann einfach in Frankfurt den Affen, okay?

    Viele liebe Grüße

    Boris


  7. Gallion 12:41 am 11.Juni 2010

    Und wie wir uns in Frankfurt zum Affen machen! 😀

    LG Sascha

    P.S. Du hast keine Ahnung wie neugierig meine Nachbarn sind … 😉


  8. Boris 12:41 am 14.Juni 2010

    Na, Hauptsache nicht so wie hier: http://www.youtube.com/watch?v=8cEvFKsb60k&feature=related

    Und aufs Affenhaus in Frankfurt freue ich mich auch schon :-)!

    Viele liebe Grüße

    Boris


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